Ist bei einem Erbanfall die Beantragung eines Erbscheins zu empfehlen?

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Eine der häufigsten Fragen bei einem Erbfall ist die Frage des Erben, ob die Beantragung eines Erbscheins zu empfehlen ist. Diese Frage kann nicht einheitlich beantwortet werden, sondern ist sachgerecht nur nach den Gegebenheiten des einzelnen Erbfalls zu beurteilen.

Für die Beantragung eines Erbscheins spricht:

  • Der Erbschein gilt als öffentlicher Erbnachweis im gesamten Rechtsverkehr. Er wird auch nur einem Erben erteilt.
  • Hat ein Erblasser Grundbesitz vererbt, ist zur Eintragung der Grundbuchberichtigung grundsätzlich ein Erbschein vorzulegen.
  • Bei einer Veräußerung eines Grundstücks oder einer Immobilie kann dem  Notar sowie Erwerber gegenüber der Erbgang durch Vorlage des Erbscheins nachgewiesen werden, so dass eine Zwischeneintragung des Erbgangs im Grundbuch entbehrlich wird.
  • Auch die Banken akzeptieren grundsätzlich Auskunftserteilungen und die Vornahme von Bankgeschäften nur gegen Vorlage eines Erbscheins.

Gegen die Beantragung eines Erbscheins spricht:

  • Die Erteilung des Erbscheins ist mit Kosten verbunden, die sich am Wert des Nachlasses orientieren.
  • Bei Vorlage eines  eindeutigen notariellen Testaments oder eines Erbvertrages kann eine Grundbuchberichtigung privilegiert ohne Vorlage eines Erbscheins erfolgen.
  • Banken akzeptieren teilweise das notarielle Testament mit Eröffnungsprotokoll als vollständigen Erbnachweis. Eine feste Regel hierfür besteht allerdings nicht.
  • Für Bankkonten kann vom Erblasser dem Erben auch eine Vollmacht über den Tod hinaus erteilt worden sein, über welche die Abwicklung von Bankgeschäften ermöglicht wird.

Im Ergebnis wird man somit nur nach einer sorgfältigen Einzelfallprüfung sachgerecht entscheiden können, ob ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zu empfehlen ist.

Der Erbscheinantrag kann zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts als Nachlassgericht erklärt oder mit einem Schreiben beantragt werden.

Nach dem seit 1. September 2009 geltenden Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ist Nachlassgericht das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen (§ 343 FamFG).

Abweichend davon sind in Baden-Württemberg gemäß § 38 des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit die staatlichen Notariate als Nachlassgerichte zuständig.

Ist ein Deutscher im Ausland gestorben, und hatte zudem keinen Wohnsitz im Inland, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg (10823 Berlin, Grunewaldstraße 66-67) grundsätzlich zuständig.