Mietrecht – hier Thema des Monats – Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarf Teil 1

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Der Vermieter hat dann Eigenbedarf und kann die Wohnung kündigen, wenn er die Räume für sich, oder für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt.


Was heißt das?


Nach dem Rechtsentscheid des BGH vom 20.01.1988 setzt Eigenbedarf voraus, dass der Vermieter oder die Familien/Hausstandsangehörigen in die Wohnung des Mieters einziehen wollen und hierfür vernünftige billigenswerte Gründe sprechen.


Was heißt das wiederum?


An das Erlangungsinteresse des Vermieters sind nur geringe Anforderungen zu stellen.


Hier einige Beispiele: Die Absicht des Vermieters in einer bestimmten Wohnung seinen Altersruhesitz zu begründen kann eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen.


Die Absicht in die Wohnung des Mieters einzuziehen, weil er dann das Anwesen besser verwalten kann reicht aus.


Es reicht aus, wenn Eltern ihrem Kind eine Wohnung im Haus überlassen wollen um so ein Wegzug des Kindes zu verhindern.


Das Bundesverfassungsgericht hat durch Urteil vom 14.02.1989 bestätigt, dass die Gerichte die Entscheidung des Eigentümers über sein Wohnbedarf grundsätzlich respektieren müssen und ihm nicht fremde Vorstellungen über angemessenes Wohn- und seine weitere Lebensplanung aufdrängen dürfen.


Das ist ein Anhaltspunkt.


Weiter formuliert das Bundesverfassungsgerichts: Bei der Rechtsanwendung muss die grundrechtlich geschützte Besitzposition des Mieters dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht den Einwendungen des Mieters in einer Weise nachgeht, die der Bedeutung und Tragweite seines Bestandsinteresses gerecht wird, also beispielsweise nachprüft, ob der Selbstnutzungswunsch ernsthaft verfolgt wird, ob der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, ob er zwar vorhanden ist, jedoch die Möglichkeit in Betracht kommt, ihn ohne Inanspruchnahme der gekündigten Wohnung zu befriedigen, etwa weil eine andere im Eigentum des Vermieters stehende Wohnung frei ist, in der der geltend gemachte Wohnbedarf ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden könnte.


Fazit:


Den Motiven der Lebensplanung des Vermieters muss gebührend Rechnung getragen werden.


Hier einige Beispiele: So ist zum Beispiel nicht zu beanstanden, wenn ein Ehepaar in eine 74 qm große Drei-Zimmer-Wohnung einziehen will, obwohl eine 56 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung frei steht.


Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Vermieter zu Gunsten seines heiratswilligen Sohnes eine 150 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung kündigt, obwohl eine 100 qm große Vier-Zimmer-Wohnung frei wird.


Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein Eigentümer eine 72 qm große Wohnung kündigt um diese mit seiner derzeit genutzten 65 qm großen Wohnung zusammenzulegen, um so für sich und seine künftige Ehefrau eine angemessen große Wohnung zu schaffen.


Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Eigentümer kündigt, weil er aus finanziellen Gründen aus einer großen in eine kleine Wohnung ziehen will.


Wer gehört zu den Hausstandsangehörigen?


Zu den Hausstandsangehörigen gehören alle Familienmitglieder wie Ehefrau, Kinder, Schwiegerkindern sowie alle nichtverwandte Personen wie Hausgehilfin und Pflegeperson die seit längerer Zeit auf Dauer mit dem Vermieter zumindest in enger Hausgemeinschaft zusammenleben.


Was bedeutet Familienangehöriger?


Das ist in der Rechtsprechung und Literatur seit Jahren äußerst umstritten.


Der Begriff der Familienangehörigkeit ist mietrechtlich durch den sozialen Kontakt zwischen der Bedarfsperson und dem Vermieter verändert sodass man eher von Familienzugehörigkeit sprechen sollte.


Das heißt dass sich der Vermieter für den Wohnbedarf der aufzunehmenden Person verantwortlich fühlt. Hier wird der Kreis der Bedarfsperson einerseits eingeschränkt andererseits wieder ausgedehnt.


So scheiden entfernte Verwandte und Verschwägerte zu denen der Vermieter kein oder nur wenig Kontakt hat als Bedarfsperson aus.


Der Vermieter muss ein besonderes Interesse an der Überlassung gerade an dieser einen Person haben, soweit sie nicht zur Kernfamilie zählt.


Fazit:


Bei einem engen Verwandtschaftsverhältnis kann vom Erfordernis sozialer Bindung abgesehen werden wie zum Beispiel bei Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Urenkel, Geschwister, Nichten, Neffen und Verschwägerte hier Schwiegereltern und Schwager. Es handelt sich hierbei um privilegierte Angehörige.


Andererseits kann durch eine enge persönliche Bindung die verwandtschaftliche Grenze überschritten werden zum Beispiel für das Patenkind, das Enkelkind oder das in die Ehe eingebrachte Kind der Schwiegertochter des Vermieters, dass von diesem wie ein Enkelkind behandelt wird.


Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf ist grundsätzlich die Angabe der Person für die die Wohnung benötigt wird und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat formell ausreichend.


Die Gründe müssen so konkret und ausführlich angegeben werden, dass sie auf ihre Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit hin geprüft werden können. Es muss also ein konkreter Sachverhalt, ein Lebensvorgang dargelegt werden, auf den der Vermieter das Interesse der Person an der Erlangung der Wohnung stützt.


Es reicht also nicht aus, wenn es lediglich beispielsweise heißt:


„Der Vermieter will die Wohnung für sich nutzen.“


„Die Wohnung wird für ihn/sie benötigt.“


„Die Wohnung wird für die 24-jährige Tochter benötigt.“


„Der Vermieter bewohnt eine wesentlich kleinere Wohnung als der Mieter“


„Die Tochter des Vermieters bedarf für ihre Persönlichkeitsentwicklung eine eigene Wohnung.“


Das alles reicht nicht. Es muss eine Konkretisierung der tatsächlichen Umstände, des Lebensvorgangs stattfinden. Es muss eine Individualisierung vorgenommen werden.


Was Sie tun können, und welche Rechte und Möglichkeiten Sie haben wenn Ihnen eine Eigenbedarfskündigung zugeht, erfahren Sie in der Fortsetzung: Thema Eigenbedarfskündigung zweiter Teil.


 


Bis dahin grüßt Sie


Rechtsanwältin Evelyn Wettstein