Verfassungsbeschwerde gegen Startgutschriften vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen.

Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.

Hinweis: Über unsere weitere Homepage www.startgutschrift.de finden Versicherte der Zusatzversorgungskassen aktuelle Informationen zum Stand der Gerichtsverfahren (Umgang mit der Tarifänderung 2011, neue Klagen, Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,...).

 

Mit großer Enttäuschung haben VBL-Versicherte auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes reagiert, wonach das Gericht die Verfassungsbeschwerde gegen die den VBL-Versicherten (in rentenfernen Fällen) erteilte Startgutschrift nicht zur Entscheidung angenommen hat.

Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes, dass eine verfassungskonforme Neugestaltung ausschließlich durch die Tarifparteien zu erfolgen habe, überzeugt sie nicht. Sie meinen, dass Ihnen damit leider auch das höchste deutsche Gericht Steine statt Brot  gibt.

1.
Sachverhalt bleibt , dass die rentenfern Versicherten seit Januar 2002 mit einer bereits hinsichtlich der Transfervorschriften als rechtswidrig erkannten Satzung der VBL  leben müssen.

Zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ergebnis die Tarifparteien zu einer Neufassung der maßgeblichen Transferregelungen der Satzung  gelangen werden, steht in den Sternen.

Bei einer festgestellten Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Regelungen gibt das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber bekanntlich Fristen zur Verabschiedung einer verfassungskonformen gesetzlichen Regelung auf.

Vorliegend wird die Beseitigung der verfassungswidrigen Transfervorschriften der neuen Satzung der VBL ohne jegliches zeitliches Limit in die freie Hand der Tarifparteien gegeben. Diese haben  es hiermit auch nach acht Jahren nicht eilig, zumal sie die als rechtswidrig erkannten Transfervorschriften selbst ausgehandelt hatten.

Die vom Bundesgerichtshof in der Pilotentscheidung vom November 2007 konkludent ausgesprochene Aufforderung an die Tarifparteien, verfassungskonforme Neuregelungen der Transfervorschriften zu finden, wurde von den Tarifparteien  bislang in keiner Weise umgesetzt.

2.
Ebenso wenig kann materiellrechtlich der für Rentenanwartschaften verbriefte Eigentumsschutz weiter unbeachtet bleiben.

Der Grundsatz der Tarifautonomie steht nicht allein, vielmehr haben auch die Tarifparteien den verfassungsrechtlichen Schutz des Gleichheitsgrundsatzes nach Art.3 GG, den Schutz des Eigentums nach Art. 12 GG und den Schutz  von Ehe der Familie nach Art. 6 GG  zu respektieren.

Der eigentumsrechtliche Schutz der Rentenanwartschaften kann nicht zu einem ungeschützten Spielball der Tarifparteien werden.

Ebenso wenig kann es zeitlich unbegrenzt in die Hand der Tarifparteien gelegt werden, verfassungskonforme Regelungen herbeizuführen.

3.
Nach alledem werden die Klageparteien ihren Kampf zur Verteidigung der erdienten Rentenanwartschaften fortsetzen.

Sie werden gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Straßburg, einlegen.

Zudem werden sie an der Pressekonferenz vom 21.04.2010, 11:00 Uhr in Karlsruhe, Schlosshotel (direkt am Hauptbahnhof), Alte Bibliothek, zur kritischen Auseinandersetzung über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts teilnehmen.


Hintergrund

„Mit Ablauf des 31.12.2001 hat die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ihr Zusatzversorgungssystem umgestellt von einer an der Beamtenversorgung orientierten Gesamtversorgung auf ein auf die Verzinsung von Beiträgen ausgerichtetes Punktemodell. Danach errechnet sich die bei Eintritt des Versicherungsfalls zu leistende Betriebsrente aus der Summe der erworbenen Versorgungspunkte.

Zu dem genannten Stichtag generierte die VBL Transfervorschriften. Es wurden die Werte der bereits erlangten Rentenanwartschaften im Wege eines sogenannten Näherungsverfahrens festgestellt und als sogenannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten übertragen.
 
Die Transfervorschriften der neuen Satzung betreffen vor allem die Inhaber von Rentenanwartschaften. Bei den Rentenanwärtern wird zwischen rentennahen und rentenfernen Jahrgängen unterschieden, wobei die größte Gruppe die Gruppe der sogenannten rentenfernen Jahrgänge (Versicherte, die am 01. 01. 2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten) ist.  Es handelt sich bei der VBL um ca. 1,7 Millionen Versicherte.

Vom Gericht der VBL aufgegebene Berechnungen, mit welchen der Wert der Rentenanwartschaften der Versicherten nach der alten Satzung dem Wert der Startgutschriften gegenübergestellt wurden, ergaben teilweise dramatische Kürzungen der Anwartschaftsrechte (bis zum 79%!)  sowie eine völlig ungleichmäßige Behandlung einzelner Versichertengruppen. Dies führte zu einer Klagewelle vor den zuständigen Zivilgerichten.

Der Bundesgerichtshof entschied in einem Pilotverfahren am 14.11.2007, dass die von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erteilten Startgutschriften rechtwidrig und deshalb unverbindlich seien. Das Gericht sehe sich indessen gehindert  selber „durchzuentscheiden“, da die Verabschiedung verfassungskonformer Regelungen Aufgabe der Tarifparteien sei. Den Tarifparteien müsse Gelegenheit zur Neuregelung gegeben werden.

Einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich geprägten Schutz des Eigentums (Art. 12 GG) sah der Bundesgerichtshof nicht. Die weiteren vor dem Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren der rentenfernen Jahrgänge wurden gleichlautend entschieden.

Hiergegen haben wir für eine Mehrzahl der von uns vertretenen Klägern Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt. Wir sind den teilweise massiven Kürzungen der Rentenanwartschaften entgegengetreten und haben insbesondere nachhaltig die Verletzung des Eigentumsschutzes – welche vom Oberlandesgericht Karlsruhe noch angenommen worden war – gerügt.

Das Bundesverfassungsgericht hat ein Verfahren als Pilotverfahren behandelt und in diesem Verfahren nunmehr am 15.04.2010 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Es hat u.a. ausgeführt, eine gerichtliche Festlegung bestimmter Anwartschaftswerte komme nicht in Betracht. Die Neuregelung läge im Betätigungsfeld der Tarifparteien. Hinreichender Rechtsschutz der Versicherten werde dadurch gewährleistet, dass sie eine zu erwartende Neuregelung wiederum einer gerichtlichen Kontrolle unterziehen können.

Hiergegen wehren sich die Klageparteien. Wir werden gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof  für Menschenrechte einlegen.

Falls Sie an weiteren Informationen zum Fortgang der Gerichtsverfahren und der Tarifverhandlungen interessiert sind, sind wir hierzu gerne bereit. In diesem Falle senden Sie uns einfach eine kurze Nachricht an unsere e-mail Adresse mail@rae-heckert.de oder vh@rae-heckert.de. Wir werden Sie dann aktuell informieren.

Rechtsanwälte Valentin  Heckert ,  Harriet Schäfer-Heckert,
Evelyn Wettstein,  Wolfgang Andreas Klohe,  Joachim Städter

durch: Rechtsanwalt Valentin Heckert

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Rechtsanwalt Heckert ist Gründungsmitglied der bundesweiten Kooperation
Rechtsanwälte für Zusatzversorgungsrechte im öffentlichen Dienst.

Hinweis: Eine weitere Kurzdarstellung zur aktuellen Verfassungsgerichtsentscheidung finden Sie auf http://kid-online.info/.

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